Kategorie: Kräuterheilkunde

Hier finden Sie eine Sammlung von Artikeln und Informationen rund um Aromakunde, Geologie, Natur- und Landschaft, Lebensräume, Kräuterheilkunde. Neue Beiträge finden Sie auf meiner Seite www.kleindienst-john.at.

Hinweis in eigener Sache:
Sie finden hier Beiträge, die sich auf persönliche Erfahrungen mit Düften und Kräutern beziehen. Die Artikel verstehen sich keinesfalls als Ersatz für eine medizinische oder physiotherapeutische Beratung oder Behandlung. Ein Besuch beim Arzt Ihres Vertrauens, bei Ihrem Physiotherapeuten, Ihrem Masseur oder auch Ihrem Apotheker kann dadurch nicht ersetzt werden.

Die in den Beiträgen angeführten Rezepturen stellen lediglich Beispiele dar und können eine persönliche Beratung nicht ersetzen. Eine fachkundige Beratung und Betreuung ist auch auf dem Gebiet der ätherischen Öle und Kräuter immer eine persönliche Angelegenheit. Sollten Sie die vorgestellten Rezepte anwenden, so liegt das in Ihrem eigenen Verantwortungsbereich. Wir übernehmen dafür keine wie auch immer geartete Haftung!

Pflanzeninhaltsstoffe – allgemein betrachtet

In einer Pflanze finden sich verschiedene primäre und sekundäre Inhaltsstoffe, die auch die Wirkung dieser Pflanze auf unseren Körper bestimmen. Nicht immer sind alle Inhaltsstoffe gut verträglich, das bedeutet, daß so manches Pflänzchen für uns giftig ist, obwohl es z.B. für Tiere als Nahrung dienen kann.

Einige dieser pflanzlichen Substanzen sind wasserlöslich (hydrophil) und können sich in unseren Hydrolaten wiederfinden. Dazu müssen sie aber „flüchtig“ sein, das heißt, ihr Molekulargewicht muß niedriger sein, als das bereits angegebene von 250 g/mol.  Einige sind fettlöslich (lipophil) und wir finden sie dann beispielsweise konzentriert im ätherischen Öl der entsprechenden Pflanze.

Ein Teil dieser ätherischen Öle verbleibt in emulgierter Form im Hydrolat, es ist nicht ganz davon trennbar (in Fachkreisen wird das „water oil“ genannt).
Weder Mikrolebewesen noch Keime überleben den Destillationsvorgang. Durch diesen Transformationsvorgang (vom Wasser zum Gas und wieder zum Wasser) ist auch eine recht gute Haltbarkeit des Hydrolats grundsätzlich gegeben.

Wie man überhaupt dazu kommt, herauszufinden, welche Inhaltsstoffe im Hydrolat enthalten sind? Das ist ein ziemlich aufwendiges Verfahren: die fettlöslichen Inhaltsstoffe werden mit Hexan oder einem gleichwertigen Lösungsmittel herausgelöst und dann – ohne den wäßrigen Anteil – untersucht (das geschieht mittels Gaschromatographie).

Die wichtigsten primären Pflanzen-Inhaltsstoffe sind:
  • Kohlenhydrate,
  • Fette, Öle und Wachse
  • Proteine (Aminosäuren, Peptide, Eiweiße)
Die wichtigsten sekundären Pflanzen-Inhaltsstoffe sind:
 Alkaloide

Stickstoffhaltige Pflanzeninhaltsstoffe, die meist basisch (= alkalisch) reagieren. Diese Stoffe gehen aus den Aminosäuren der Pflanze hervor und tragen oft den Namen der Pflanzen, in denen sie als Haupt-Alkaloid vorkommen. Sie dienen der Pflanze als Schutz, vor allem vor Bakterien, Viren oder Pilzen. Die in der Pflanze vorkommende Menge hängt vor allem von Temperatur und Luftfeuchtigkeit/Bodenfeuchtigkeit ab. Sie wirken meist schädlich auf den Menschen (je nach Dosierung), ihre Wirkung ist fast immer stark giftig, wie z.B. das Aconit im Eisenhut. Trotzdem werden sie als wichtige Arzneistoffe geschätzt. Zu den Alkaloiden gehört aber z.B. auch Koffein, das wir im Kaffee wiederfinden.

Ätherische Öle

sind flüchtige Aromastoffe. Sie machen Duft und/oder Geschmack einer Pflanze aus und setzen sich aus verschiedenen chemischen Bestandteilen zusammen, z.B. aus Monoterpenen, Sesquiterpenen (und Azulenen), Alkoholen (Mono- und Sesquiterpen-Alkoholen), Ketonen, Phenolen, Aldehyden, Cumarinen, Estern, Oxiden u.a.
Für die Pflanze stellen sie meist Schutz gegen Fraß, unliebsame Besucher oder Krankheiten dar. Ätherische Öle sind fettlöslich (lipophil) und beinhalten Terpene und Phenylpropane.
In unseren Hydrolaten finden sich immer mehr oder weniger Spuren davon (je nachdem, wie gut die Trennung von ätherischem Öl und Hydrolat durchgeführt wurde).

Bitterstoffe

 

sind terpenartige Verbindungen, die an Zucker gebunden sind. Sie können beim Verzehr die Sekretion von Speichel, Magensaft und den Gallensaft anregen (über den Nervus vagus), sie wirken verdauungsfördernd, appetitanregend, helfen gegen Völlegefühl und Blähungen und fördern den Gallefluß. Wir finden Bitterstoffe vor allem in den Enziangewächsen, den Korbblütlern, in den Lippenblütlern und den Doldenblütlern. In den Hydrolaten kommen sie praktisch nicht vor, da sie weniger flüchtig sind, als z.B. die ätherischen Öle und nicht vom Wasserdampf mitgerissen werden

Flavonoide

Farbpigmente der Pflanzen. Die Flavonoide teilen sich in drei Gruppen: Flavonole, Flavonone und Flavone. Durch ihre chemischen Strukturen haben Flavonoide auf verschiedene Organe Auswirkungen. Sie stärken das Immunsystem, hemmen gegebenenfalls allergische Reaktionen und sorgen für Entspannung der Herzmuskulatur. Einige können außerdem die Verdauung verbessern. Flavonoide wirken antioxidativ (als Zellschutz), sie sind blutreinigend und antibakteriell.

Gerbstoffe

gehören zu den Sacchariden und dienen der Pflanze zum Schutz vor Viren oder Schimmelpilzen. Ihre Wirkung ist zusammenziehend und austrocknend, was sie auch wichtig für die Wundbehandlung macht (blutflußhemmend). Grundsätzlich haben wir es mit Zellgiften zu tun, die z.B. auch zum Gerben von Leder benutzt werden. Durch ihre zusammenziehende Wirkung verhindern sie aber auch das Eindringen von Bakterien, Pilzen und Chemikalien in die obersten Hautschichten, wirken entzündungshemmend, antibiotisch, wundheilend und lokalanästhetisch auf die Mund- und Rachenschleimhaut.
Außerdem wirken sie auf die Sekretion der Schweißdrüsen hemmend ein.
Gerbstoffe lassen sich nur in einigen Hydrolaten nachweisen, z.B. im Hamamelis-Hydrolat

Glykoside

das sind vor allem

  • Herzglykoside: Pflanzen mit diesen herzwirksamen Inhaltsstoffen wurden früher vor allem auch für die Wundheilung in der Volksmedizin eingesetzt.
  • Iridoidglykoside: haben wundheilende Eigenschaften und wirken auch zum Teil gegen Bakterien.
  • Saponine: wirken verflüssigend, antiviral und antibiotisch.
Harze

gehören zu den aromatischen Stoffen, sie dienen dem Baum als Wundverschluß und Schutz vor Infektionen. Es sind harte, beim Erwärmen weich werdende und schmelzende Produkte, die in Wasser unlöslich sind. Sie sind desinfizierend und entzündungshemmend.

Lignane

kommen vor allem in Getreidearten (Süßgräsern) vor und wirken vor allem auf den menschlichen Darm ein.

Scharfstoffe

Dabei handelt es sich um unterschiedlich zusammengesetzte organische Verbindungen mit scharfem Geschmack. Sie üben auf die menschliche Haut Reize aus (Wärmegefühl, Schmerz), steigern die Speichel- und Magensaftproduktion  und sind innerlich angewendet Hilfe bei Blähungen und Magenbeschwerden, äußerlich dienen sie zur Linderung von Muskelschmerz und rheumatischen Beschwerden. Scharfstoffe sind wasserlöslich und können teilweise in den Hydrolaten vorhanden sein.

Schleimstoffe

wirken auf die Haut und die Schleimhaut wie eine Schutzhülle, die ein Eindringen von Bakterien oder Chemikalien verhindern kann. In Kombination mit Wasser bilden sie zähe Lösungen und sind reizmildernd, mild abführend Regen die Immunabwehr des Körpers an.

Schleimstoffe sind relativ schwer und wir finden sie demnach kaum bis gar nicht in unseren Hydrolaten.

Vitamine

Im Hydrolat könnten wir lediglich wasserlösliche Vitamine, so sie im Pflanzenmaterial vorhanden sind, finden. Zu den wasserlöslichen Vitaminen in Pflanzen gehören unter anderen: Vitamin B1 (Thiamin), B6 (Pantothensäure), B8 (Pyridoxin) und Vitamin C (Ascorbinsäure). Diese Vitamine sind ebenfalls „sauer“, das heißt, der pH-Wert ist im Säure-Bereich. Allerdings werden Vitamine meist durch die Erhitzung zerstört.

(Ausschnitt aus meinem Buch „Hydrolate – Sanfte Heilkräfte aus Pflanzenwasser“, erschienen im Freya-Verlag, Linz)

Hydrolat vom Pfeifenstrauch

Unser Pfeifenstrauch („Bauernjasmin“, Philadelphus coronarius) blüht im Hintaus-Garten so wunderschön, die Blüten duften berauschend, also was reizt die Destillateurin: natürlich möchte ich davon ein Hydrolat herstellen, schauen, ob auch ätherisches Öl abschöpfbar ist und ein wenig über die Verwendungsmöglichkeiten sinnieren…

 

Abb.: Blüten (man meint den Duft förmlich zu riechen, wenn man dieses Bild ansieht…)

Also munter drauflos gepflückt…

 

 

 

Die Destille kann ich wegen des traumhaften Wetters auf meiner Terrasse aufstellen. Sie wird sorgfältig befüllt und dann kann es schon losgehen:

In einer Slovakischen Studie habe ich gelesen, daß das ätherische Öl und das Hydrolat von Philadelphia coronarius als Inhaltsstoffe vor allem Linalool und Geraniol enthält, aber auch ein Diterpen und Cumarine.

Das klingt für mich sehr gut und ich werde das fertige Hydrolat für eine Gesichtspflegecreme versuchen.

 

Das fertige Hydrolat duftet ähnlich wie Waldmeister. Ich habe den pH-Wert gemessen und gleich nach der Destillation 5,56 festgestellt. Jetzt lasse ich das Hydrolat ein paar Tage ruhen. Die Ausbeute an ätherischem Öl ist sehr gering, gerade mal eben schätzungsweise 0,5 ml auf 1/2 l Hydrolat. Aber es macht einen guten Eindruck auf der Haut – das mußte natürlich sofort ausprobiert werden

Ich kann mir gut vorstellen, daß man es als Gesichtswasser ebenfalls gut verwenden kann.

Aber um meiner Creme den besonderen Touch zu geben, habe ich jetzt auch noch einen Ölauszug angesetzt – es sind ja noch ausreichend viele Blüten dafür da…

Wer das Hydrolat ausprobieren möchte – ich werde es bei den Heilkräutertagen in Herberstein sicherlich mit haben…

Was können Affirmationen bewirken?

Was ist eine Affirmation?

Als Affirmation bezeichnet man einen Schlüsselsatz, der positiv und bejahend ist. Durch eine Affirmation wird der Geist auf positives Denken programmiert.

Wenn uns ein Statement vertraut ist, wird es durch die linke Gehirnhälfte nicht mehr analysiert, sondern es wandert automatisch in die rechte Gehirnhälfte weiter. Hier wird es – ohne daß man es hinterfragen muß – akzeptiert. Dadurch entsteht ein positives Gefühl.

Unsere rechte Gehirnhälfte steht für Intuition, Gefühl, Phantasie und „arbeitet“ im Bereich der Alpha-Wellen. Die linke Gehirnhälfte steht für logisches Denken, Sprechen, Schreiben und „arbeitet“ mit Beta-Wellen. Alpha- und Beta-Wellen sind elektrische Muster: Alpha-Wellen agieren langsam, sie stehen auch für Entspannung. Beta-Wellen hingegen sind rasch, aktiv, reflektiv und stehen für das Handeln.

Ängste können sich auflösen und Selbstbewußtsein kann entstehen, wenn wir mit Affirmationen arbeiten.

Erhält man eine Affirmation in Kombination mit einer Anwendung ätherischer Öle, so bildet sich in unserem Bewußtsein eine Verbindung zu dem entsprechenden Öl bzw. der Ölemischung und ich kann bei jeder Anwendung mit diesem Öl positives Energiepotential für mich annehmen.

Da ätherische Öle – wie wir ja wissen – besonders auf unsere Stimmungen Einfluß nehmen, kann man diese Möglichkeiten nutzen, um negative Stimmungsmuster aufzulösen. Wichtig ist dabei allerdings, daß man auf die Befindlichkeit dessen Rücksicht nimmt, mit dem man auf dieser Ebene arbeiten möchte.

Bilder, Sätze und Düfte können so wunderbar kombiniert werden und tragen zu einer Verbesserung des Befindens vielfach bei.

Und so möchte ich Euch für dieses Wochenende eine Affirmation aus Bild, Wort und (leider fiktivem) Maiglöckchen-Duft übersenden:

Wenn Steine in Deinem Weg liegen, steige darüber hinweg…

Veilchen, Veilchen…

 

„Der Frühling kommt, der Himmel lacht, es steht die Welt in Veilchen.“ (Theodor Storm)

Gerade jetzt im Frühling freuen wir uns über die ersten Veilchen. Was man nicht alles damit machen kann! Die Rezepte für die Verarbeitung von Veilchen sind sehr vielfältig: über kandierte Veilchen, Veilchensirup, Veilchenmazerat bis hin zum Veilchenwasser…

Veilchen destillieren?

Die Destillation von Veilchen für die Produktion eines ätherischen Öls ist ziemlich aufwendig, benötigt man doch Unmengen davon, um nur einen Milliliter dieses kostbaren Duftes zu erhalten. Einfacher haben wir es da mit Veilchenwasser:

Das kleine wohlriechende Veilchen (Märzveigerl, Duftveilchen) will seinen Duft also nur sehr ungern an eine Flasche verlieren. Es ist eine ausgesprochen sensible und empfindliche Pflanze. Es ist der Namensgeber für eine ganze Pflanzenfamilie, die Violaceae (Veilchengewächse). Das Veilchen wächst gerne an Waldrändern, an Wiesenwegen, unter Gebüschen. Es wird bis zu 10 cm hoch, besitzt Blattrosetten mit lang gestielten Blättern in Herzform und dunkelviolette, manchmal weiße Blüten. Die Form der Blüten ist charakteristisch: zwei Blättchen stehen nach oben, drei nach unten. Der Wurzelstock bildet Ausläufer. Das Veilchen duftet nicht nur sehr aromatisch, es schmeckt auch gut. (Kandierte Veilchen werden auch heute noch geschätzt.) Die Blütezeit ist von März bis Mai und das ist auch die Erntezeit für unsere Destillation.

Veilchen in der Volksheilkunde

Das Veilchen wurde bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts medizinisch genutzt. Man verwendete die Veilchenblüten zur Herzstärkung und als Hustenmittel[1]. Auch gegen Augenentzündungen wurde Veilchenwasser eingesetzt. Sirup aus Märzveilchen half gegen Husten und Fieber. Das wird verständlich, wenn man sich vor Augen hält, daß das Veilchen auswurffördernde Saponine enthält.

Dieser Tage streife ich wieder durch die Wiesen und Wälder, um an Böschungen das duftende Frühlingskind einzusammeln und zu verarbeiten. Ich hoffe, genügend „Material“ zu ergattern, um meiner Veilchenlust auch heuer wieder fröhnen zu können…
Mehr über Veilchenhydrolat in meinem Buch „Hydrolate“, das in wenigen Wochen im Freya-Verlag erscheint…

[1] Pfarrer Sebastian Kneipp

Pflanzenwässer

„Oh große Kräfte sind’s, weiß man sie recht zu pflegen, die Pflanzen, Kräuter, Stein in ihrem Innern hegen.“
George Bernhard Shaw (1856-1950)

Wasser ist das Element der Emotionen. Wasser – das steht für „Im-Fluß-Sein“, es steht für Aktivität, für Weichheit, aber auch für Durchsetzungskraft (denken wir nur daran, was Wasser gerade auch in den letzten Jahren für Schäden angerichtet hat). Wasser steht aber auch für Erholung und Entspannung, wenn wir z.B. an ein wohltuendes Bad denken.

Allein der Gedanke daran, daß alles ruhig in seinen Bahnen fließt, ist bereits entspannend. Wasser steht aber auch in ständiger Resonanz mit unserem Körper – immerhin besteht er ja zu 70% daraus. Mit dem Wasser, mit seiner Bewegung, geht Wachstum einher. Ohne Wasser würden viele Dinge, Tiere und auch wir Menschen ziemlich rasch dahinsterben.

Pflanzenwässer – als Teil der Aromatherapie und damit auch der Phytotherapie – sind für mich eine wirkungsvolle Komponente, die viel mehr Beachtung verdient. Und jeder kann diese Form der Aromatherapie einfach und gefahrlos für sich nutzen.

Was sind Hydrolate eigentlich?

Hydrolate sind Rückstände aus kondensiertem Wasser und anteiligen Wirkstoffen, die bei der Wasserdampfdestillation von Pflanzen entstehen. Sie werden auch Aquarome oder aromatische Hydrosole genannt.  Hydrolate sind schon seit Anbeginn der Destillationsverfahren bekannt und wurden früher vielfach mehr benutzt, und zwar vor allem auch in der Küche. Das geschieht auch heute noch: denken wir nur an die arabischen Länder, wo Rosenwasser anstelle von Champagner getrunken wird, aber auch an die Marzipanherstellung, für die Rosenwasser unverzichtbar ist.

 

Geschichtliches

Im ersten Jahrtausend n. Chr. wurde die Technik der Destillation vor allem in den arabischen Ländern weiterentwickelt. Man begann damals, die Kräuter und Hölzer im Wasserbad zu erhitzen, um durch den Wasserdampf zu den begehrten ätherischen Ölen zu gelangen.

Man begann dann auch im 10. und 11. Jahrhundert, große Öfen zu bauen, auf die viele kleine Destillationsapparaturen gestellt wurden, die gleichzeitig betrieben werden konnten (diese Konstruktionen nennt man Galeerenöfen).

Heute verwendet man industriell Edelstahltanks oder Kupfertanks zur Herstellung ätherischer Öle und Hydrolate – trotz der vielen Technik drumherum hat die Destillation aber bis heute ihre Magie behalten.

Komplementäre Aromatherapie

Hydrolate bilden einen komplementären Teil der Aromatherapie, werden aber leider noch oftmals vergessen. Vielleicht, weil sie häufig nur als „wertlose Abfallprodukte der Destillation“ angesehen werden. Dabei besitzen wir mit den Pflanzenwässern Produkte in der Hand, die nicht nur nicht irritierend auf die Haut einwirken, sondern sogar zum Großteil anti-entzündlich extrem heilsam sind.  Für die Behandlung von Kindern, Schwangeren und gebrechlichen Menschen sind hochwertige Hydrolate optimal, da sie eine sehr sanfte Wirkung haben und nahezu immer äußerst hautverträglich sind.

Darüber und noch vieles mehr können Sie in meinem Buch über Hydrolate lesen, das im Mai 2012 im Freya-Verlag, Linz erscheint…

 

Thymian

Thymian hat eine lange Geschichte: er wurde schon bei den alten Griechen wegen seiner Heilkräfte geschätzt. Heute zählt er zu den wertvollsten Arzneipflanzen, die wir kennen. Thymian kommt vor allem aus dem Mittelmeerraum. Im Mittelalter brachten ihn Mönche über die Alpen zu uns. Man findet Thymian heute an Wegrändern, an Felsenwänden, auf Wiesen und auf kargen Böden.

Die kleine Pflanze verströmt ihren Duft verschwenderisch in der Sonne: im mediterranen Klima hängt dieser würzige Geruch im Sommer über ganzen Landstrichen. Betrachtet man eine Thymianpflanze, so erinnert sie an einen Baum im Miniformat.

Unterschiedliche Sorten

Aber Thymian ist nicht gleich Thymian. Der Duft der Pflanzen unterscheidet sich oft ziemlich stark: zum einen kann er nach Zitrone duften, dann wieder völlig medizinisch, aber auch mild und blumig. Wenn wir die Blätter reiben, so entfaltet sich dieser Duft an unseren Fingern. Auch optisch fallen einige Unterschiede auf. Die Blüten können von weiß über zartrosa bis hin zu purpurrot leuchten – eine wirklich große Vielfalt!

Arzneipflanze des Jahres 2006

Thymian wurde zur Arzneipflanze des Jahres 2006 gewählt. Begründet wurde diese Wahl damit, dass Thymian zu den wertvollsten Pflanzen bei Erkältungskrankheiten zählt.

Thymus vulgaris ist ein Lippenblütler, der in Form eines Zwergstrauches mit vierkantigen Stängeln und nur wenige Millimeter großen Blättern auftritt.

„Chemotypen“

Die einzelnen Unterarten dieser Pflanze unterscheiden sich vor allem durch die chemische Zusammensetzung ihrer ätherischen Öle, durch den Chemotyp (= CT). Dieser chemischen Zusammensetzung entsprechend erhalten wir verschiedene Düfte und natürlich auch Eigenschaften.
Je nach Anbaugebiet, Klima, Boden, Höhenlage, Sonneneinstrahlung …. unterscheidet sich das ätherische Öl in den prozentualen Anteilen seiner Komponenten. Die Hauptkomponente der Inhaltsstoffe bestimmt die Wirkung des therapeutisch eingesetzten Thymian-Öls. Aus diesem Grund sollte man sich mit den einzelnen Chemotypen vertraut machen, denn Thymian ist ja – wie schon gesagt – nicht gleich Thymian. Weltweit gibt es über 300 verschiedene Thymianarten.

Tradition

Thymian wurde früher vor allem bei Verdauungsbeschwerden, bei Kopf- und bei Gliederschmerzen eingesetzt. Der Name Thymus  ist schon aus dem Altertum bekannt und wurde bereits von Vergil und von Plinius dem Älteren in ihren Schriften erwähnt (ca. um Christi Geburt), und zwar nennen sie vor allem den Thymianblütenhonig als heilende Substanz.

Das griechische Wort „Thymos“ kommt von „thyein“ = räuchern. Die stark duftenden Thymianblätter, aber auch die Pflanzenstängel, wurden zum Räuchern genutzt. Außerdem verwendete man Thymian als Insektenabwehrmittel. Bei den Ägyptern und den Etruskern wurden mit Thymian Leichen einbalsamiert. Thymian galt allerdings bei den Römern des Altertums auch als starkes Aphrodisiakum und wurde vor allem in Bädern benutzt.
Bereits Dioskurides erkannte die Bedeutung des Thymian als Gewürz und auch zu medizinischen Zwecken.

Im Mittelalter wurde Thymian relativ wenig erwähnt, aber Hildegard von Bingen kannte ihn bereits. Sie empfahl Thymian vor allem gegen Husten, aber auch zur Blutreinigung, gegen Läuse und anderes Körperungeziefer, bei Lähmungen, Lepra und vielen anderen Krankheiten, die uns heute nicht mehr bekannt sind. Ich vermute allerdings, daß sie vor allem den Quendel damit meinte, der ja in Mitteleuropa heimisch geworden ist.  Im 16. und 17. Jahrhundert wurde Thymian bereits in den Apotheken verwendet. 1543 wird im „New Kreutterbuch“ die Wirksamkeit des Thymian gegen Husten genannt. Im Jahr 1589 wird das Thymianöl im Nürnberger Arzneibuch erwähnt.

1884 wurden die therapeutischen Eigenschaften des Thymian erstmals wissenschaftlich untersucht, und zwar von einem Gelehrten namens Camperdon. Er stellte fest, dass Thymian direkt auf das Nervensystem einwirkt und in Zeiten der Rekonvaleszenz sehr hilfreich ist.  In der Folge wurde Thymian bereits bei Asthma, bei Depressionen und bei Atemwegsinfektionen eingesetzt, aber auch bei chronischem Hustenleiden.

Bis zum 2. Weltkrieg wurde Thymianöl unter anderen auch im Krankenhaus als Desinfektionsmittel benutzt. Man stellte fest, dass Thymianöl Gelbfieberorganismen töten kann und dass es stärker wirkt als Karbol. So wurde es zum Schutz gegen Krankheiten und Läuse eingesetzt, im Krimkrieg wurden auch die Soldatenkleider mit einer Thymianlösung eingesprüht.

In den 50er Jahren wurden die Effekte der einzelnen Komponenten des Thymianöls erstmals wissenschaftlich untersucht.  Heute kann man den Weg des Thymols im menschlichen Körper verfolgen und man hat festgestellt, dass seine Wirkung durchaus verständlich erscheint. Dass thymianhaltige pflanzliche Arzneimittel therapeutisch sinnvoll und wirksam sind, steht heute nicht mehr zur Diskussion.

Thymus vulgaris CT Linalool

entwickelt sich vor allem in nördlicheren Lagen, eher in tiefer gelegenen Regionen, auf feuchten Mergelböden. Destilliert wird das gesamte Kraut.  Diese Pflanze duftet nach Zitrone: es handelt sich um den milden Zitronenthymian.

Und wie diese Pflanze auch als Kraut in der Küche eher Milde verströmt, so ist er auch für Haut und Schleimhaut mild und verträglich.
Bedingt durch die Kombination der Inhaltsstoffe ist Thymus vulgaris CT Linalool ein sehr abwehrsteigerndes Öl, das auch zur Immunstimulation bei Kindern angewendet werden kann. Es ist sanft, aber stark wirksam, vor allem im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich, aber kann auch im urologischen Bereich sehr gut eingesetzt werden. Auch zur Stärkung der Nerven ist es gut einzusetzen, ebenso zur Stärkung des Selbstbewusstseins. Es ist stimmungsaufhellend und gerade auch bei Kindern gut zu verwenden, die sehr introvertiert sind und sich nicht verstanden fühlen.

Die Inhaltsstoffe:

  • 75 % Monoterpenole (vor allem Linalool)
  • 6 – 15 % Ester (vor allem Linalylacetat)
  • bis zu 5 % Monoterpene
  • bis zu 5 % Sesquiterpene
  • ca. 3 % Monoterpenphenole (Thymol)

Durch diese Zusammensetzung ergeben sich folgende Wirkungen:

Körperlich:

  • antibakteriell
  • antiviral
  • antimykotisch
  • immunstimulierend
  • entkrampfend
  • hautpflegend
  • neurotonisch
  • uterotonisch

Seelisch:

  • aufhellend,
  • ausgleichend
  • konzentrationsfördernd
Thymus vulgaris CT Thujanol-4 

wächst vor allem auf tiefer gelegenen feuchten Mergelböden. Thymus Thujanol ist nicht sehr verbreitet. Er ist auch eher schwierig anzubauen und wächst nur in wenigen Regionen am Fuß der französischen Pyrenäen. Dort wird er in Wildsammlung geerntet. Die Pflanzen können bereits nach 3 Jahren wieder verkümmern, im Gegensatz zu den anderen Thymianarten.  Das ätherische Öl wird aus dem blühenden Kraut destilliert.
Im ätherischen Öl dieser Pflanze ist ein sehr hoher Anteil des Alkohols Thujanol-r und anderer Monoterpenole zu finden. Diese machen Thymus Thujanol zu einem Spezialöl gegen Chlamydieninfektionen. Ebenso wirksam ist es bei gynäkologischen Infektionen (Candida albicans, Streptococcus B). Der Chemotyp Thujanol greift die Schleimhaut dabei nicht an. Man kann das ätherische Öl auch wirksam gegen virale und bakterielle Infektionen der Harnwege zum Einsatz bringen. Es wirkt stark auf die Leberzellen und auf das Immunsystem.
Aufgrund seiner milden Konsistenz kann es sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen angewendet werden, ganz besonders aber bei alter Haut.

Die Inhaltsstoffe:

  • 54 – 60 % Monoterpenole (vor allem ca. 30% Thujanol-4 und Terpinen-4-ol)
  • 28 % Monoterpene
  • 9 – 11 % Ester
  • 2,5 – 5 % Sesquiterpene

Thymus Thujanol und seine körperlichen Wirkungen:

  • antibakteriell (Chlamydien)
  • antiviral
  • antimykotisch
  • entzündungshemmend
  • schmerzstillend,
  • leberzellenstimulierend
  • immunstärkend
  • entkrampfend
  • wirkt ausgleichend auf das zentrale Nervensystem

Auf der psychischen Ebene wirkt es vor allem nervenstärkend und ausgleichend.

 

 

 

 

Frühlingslüfterl

Heute Nacht wurden die letzten Schneeflecken im Garten durch sanften Regen ausgelöscht. Und schon strecken die Schneeglöckchen ihre zarten Röckchen in die Sonne…

Vorfrühlingsgefühle machen sich breit und es zieht mich hinaus. Ich möchte unbedingt wissen, was sich da in der Wiese sonst noch ans Licht wagt.

 

 

… und da sitzt er: Wuzi, unser Kater. Auch er genießt die Sonnenstrahlen im Garten.

 

 

 

 

Schölllkraut arbeitet sich an der Hausecke aus dem verfilzten Gras…

Und dazu ein paar Informationen, für alle, die sich dafür interessieren:

Schöllkraut

Chelidonium majus

Der botanische Name des Schöllkrauts ist nicht einfach zu erklären. Plinius behauptete, er käme vom griechischen „chelidon“ (der Schwalbe) – denn die Schwalbe öffne mit dem Saft der Pflanze die Augen ihrer Jungen. Der Name könnte aber auch von griechischen „kelido“ stammen (was „beflecken“ bedeutet), weil der Milchsaft der Pflanze die Haut braun färbt. Eine andere Interpretation war, das Schöllkraut begänne zu blühen, wenn die Schwalben kämen, und welke, wenn sie wieder abflögen. Aber das glaubten die Alten selbst nicht so ganz: „…neben dem bezeugt der tägliche Augenschein, dass die Schell-Wurtz durch das ganze Jahr grünet und blühet.“

Andere vermuten, der Name käme vom lateinischen „Coeli donum„, was übersetzt „Geschenk des Himmels“ bedeutet. Für manche Frau ist es das bestimmt. So schrieb Theodore Zuingeri in seinem „Theatrum botanicum“ 1744: „Schellkraut an die Orte öfters gerieben, da man nicht gern Haar hat, vertreibt es.“

In alten Kräuterbüchern wird das Schöllkraut auch Warzenkraut, Herrgottsgnade, Marienkraut, Goldwurz und Augenwurz genannt.Die heilige Hildegard von Bingen, Seherin und Heilerin im zwölften Jahrhundert, empfahl Schöllkrautsaft ebenfalls bei Warzen und Geschwüren.

Das Schöllkraut wächst wild in ganz Europa auf Schutthalden und an allen mit Stickstoff angereicherten Stellen in der Nähe menschlicher Ansiedlungen.  Es blüht gelb, ab Mai den ganzen Sommer hindurch. Die Blätter sind gezackt und ähneln ein wenig den Blättern der Eiche. Aus den verästelten Stängeln und aus dem Wurzelstock kommt orangegelber, dicklicher Saft, der sehr scharf schmeckt, ätzend wirkt und in höherer Dosis giftig ist.

Man sammelt das Kraut von April bis September, den Wurzelstock im Oktober und November. Notfalls auch im Winter.

Inhaltsstoffe

Die Inhaltsstoffe der Pflanze stehen den Opium-Alkaloiden nahe. Das erklärt ihre leicht krampflösende, schmerzstillende Wirkung. Die Hauptanwendung liegt in der Behandlung von Gallen- und Leberstörungen: Das Schöllkraut erleichtert den Abfluss der Galle und wirkt beruhigend. Albrecht Dürer behandelte eine Leberentzündung mit Schöllkraut – offenbar mit Erfolg. Denn ein Dürerbild des Schöllkrauts, eine sehr originelle Danksagung, hängt heute in der Albertina in Wien.

  • Kosmetik:

Aus Schöllkraut lässt sich auch eine Spülung gegen Schuppen und fettiges Haar herstellen. Dazu übergießen Sie eine Handvoll Kraut mit einem Viertelliter kochendem Wasser. Lassen Sie den Sud abkühlen und seihen dann ab; spülen Sie damit Ihr Haar nach dem Waschen, massieren Sie die Kopfhaut gut! Nur bei blondem Haar sollten Sie das nicht tun; es verfärbt sich.

Plantaginaceae – Wegeriche

Die Vielfalt der Plantago-Familie

 

Über die Suche nach Informationen zum Spitzwegerich (Plantago lanceolata) kommt man unweigerlich auf die Vielfalt der Pflanzenfamilie Plantaginaceae. Allein im europäischen Raum finden sich eine große Anzahl der verschiedenartigsten Wegerich-Gewächse.

Auf der ganzen Welt verbreitet findet man ca. 260 Arten. Es handelt sich um einjährige und ausdauernde Kräuter und Zwergsträucher. Die Blätter sind zumeist einfach und grundständig, in einigen Fällen aber auch fiederspaltig. Die Blütenstängel sind überwiegend aufrecht und unverzweigt (bis auf einige Ausnahmen). Die Blüten selbst erscheinen in der Form von Ähren oder Köpfchen (vielblütig).

Die Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae) gehört zu den Lippenblütlerartigen (Lamiales).

Die Bezeichnung „planta“ ist kommt aus dem Lateinischen und heißt Fußsohle. Das ist auf die dicht an der Erde anliegenden Blättern einiger Wegericharten (Breitwegerich) zurückzuführen. Der zweite Wortteil „agere“ (lat.) bedeutet führen. Der Begriff „Plantago“ für die Wegeriche findet sich zum ersten Mal bei Plinius.

In der deutschen Bezeichnung „Wegerich“ steckt die althochdeutsche Bezeichnung für König oder Herrscher. Wir haben es bei den Wegerichen also mit Wegbeherrschern zu tun.

Alle Plantagoarten werden bereits seit Jahrhunderten in der Medizin und Volksmedizin als Heilmittel verwendet. Die alten Assyrer haben den bei ihnen heimischen Wegerich als Medizin gegen Schwellungen verwendet. Geschichtlich gesehen weiß man, dass Dioskurides bereits zwei Arten der Plantaginaceae kennt (P. asiatica L. und P. lagopus L.) und diesen austrocknende Kraft zuschreibt. Er empfiehlt sie als Umschlag gegen Elephantiasis, Geschwüre, Blutflüsse, etc.

Im Mittelalter wurde der Wegerich gegen Brandwunden und Hundebisse eingesetzt. Man erzählt sich, dass bereits damals Wegerich in Honig gegen Mundschleimhautentzündungen eingesetzt wurde. Aber vor allem war er d a s  Heilmittel gegen Geschwüre, Ausschläge und Wunden in Form von Extrakten.

Man träufelte den Saft – auch schon im alten Griechenland – gegen Ohren- und Augenleiden ein, und man verwendete früher auch die Wurzeln gegen Kropf.

Hildegard v. Bingen nennt den Wegerich ein Mittel gegen angezauberte Liebe, ein Rezept aus dem 17. Jahrhundert nennt ihn als Aphrodisiakum!

Der Wegerich hat auch in der angelsächsischen Heilkunde einen nicht zu unterschätzenden Platz – er gehört dort zu den neun Kräutern des Kräutersegens. (Shakespeare zitiert des Öfteren „plantain“ als Mittel gegen Hautverletzungen.

Übrigens: auch die sogenannten Flohsamen stammen von einem Mitglied der Plantaginaceae!

Ich möchte nachstehend einige Vertreter der Plantaginaceae kurz vorstellen, bevor ich mich mit dem Spitzwegerich, dem Breitwegerich, dem Mittleren Wegerich und dem Krähenfuß- oder Hirschhorn-Wegerich näher beschäftige:

Plantago afra (auch: Plantago psyllium L.) – Flohkraut (engl. African plantain, franz. Plantain africain, ital. Piantaggine pulicaria): Diese Pflanze finden wir vor allem in den Mittelmeerländern und in Frankreich. Sie besitzt mehrere Blütenköpfchen und einen Stängel mit schmalen, spitzen Blättern. Im Gegensatz zu den bei uns bekannten Wegericharten fehlen an der Basis die Blattrosetten.

Plantago alpina – Alpenwegerich (engl. Alpine Plantain):  Der Alpenwegerich kommt – wie sein Name schon sagt – in alpinen Regionen zwischen ca. 900 m und 3000 m vor. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich auf den Mittel- bis Westeuropäischen Raum sowie auf den Kaukasus. Er blüht in den Sommermonaten. Er benötigt einen kalkarmen, humos-steinigen Lehmboden. Er wird bis zu etwa 15 cm hoch, seine Ähren werden ca. 3 cm lang. Blütezeit: April bis August.  Er besitzt sehr schmale, fast grasartige Blätter und schlanke, hohe Blütenstände.

Plantago arenaria Waldst. & Kit. (auch: Plantago indica L.)– Sandwegerich (engl. French psyllium, franz. Plantain des sables, ital. Piantaggine ramosa):  Den Sandwegerich findet man – wie sein Name schon sagt – auf sandigen Böden im ganzen europäischen Raum. Er wächst in Landschaften bis zu einer Seehöhe von etwa 500 m. Blütezeit: Mai bis Juli.

Plantago maritima L. (auch Plantago juncoides; Plantago serpentina):  Wächst, wie sein Name schon sagt, vor allem in niedrigen Meeresregionen auf kargen Böden und blüht im Juni und Juli. Seine Blüten sind meist gelb. Er ist eine sommergrüne ausdauernde Pflanze, die vor allem an salzhaltigen Stellen wächst.

Aber jetzt zu unseren heimischen Arten:

Plantago lanceolata L. – Spitzwegerich  (in anderen deutschsprachigen Gebieten wird er auch Spießkraut, Rossrippe, Ripplichrut, Lungenblattl, Heufress genannt, aber auch Heil- oder Wundwegerich. In Nordamerika wurde er durch die Europäer eingeschleppt und wird von den indianischen Ureinwohnern als „Fußtritt des weißen Mannes bezeichnet.) „lancea“ = Spieß (bezieht sich auf die Blattform)

Der Spitzwegerich sucht sich eher trockene Plätze und kalkarme Böden, er wächst daher auf eher trockenen Wiesen, aber auch auf Feldern, auf Wegrändern und auch auf Schutthalden. Er besitzt einen ausdauernden, tiefreichenden Wurzelstock. Seine schmalen, lanzettenförmigen, nach oben zugespitzten Blätter stehen in einer Grundrosette und werden zwischen 20 und 40 cm lang. Sie sind parallelnervig und kaum behaart.

Betrachtet man ein Spitzwegerichblatt, so erkennt man drei bis sieben Blattnerven. Aus dieser Blattrosette entspringen lange, aufrechte Stängel, blattlos, mit eher unscheinbaren Blüten. Sie sind eiförmig walzenartig und haben weiß-gelbliche Staubfäden. Die Blüten sind nektarlos und auf Windbestäubung eingerichtet. Die Staubgefäße entfalten sich erst nach dem Welken. Die Frucht ist eine zweisamige Kapsel.  Blütezeit des Spitzwegerich: Mai bis September.

Dort wo Spitzwegerich wächst, kommen meist auch der Mittlere Wegerich und der Breitwegerich vor.

Der Spitzwegerich enthält Schleimstoffe (etwa 2-6%), Gerbstoffe (ca. 5%), Kieselsäure, Flavonoide, Bitterstoffe, das Iridoidglykosid Aucubin (das bei der frischen Pflanze antibiotisch wirksam ist – sogar z.B. gegen Staphylokokkus aureus), das Iridoidglykosid Catalpol, Acteosid (Phenylethanoid), Sorbit (= ein Zuckeralkohol), weiters Mineralstoffe und Vitamin C.

In alten Kräuterbüchern wird Spitzwegerich bereits als geschätztes Heilmittel angeführt. Die altgermanische Bezeichnung für den Spitzwegerich „Läkeblad“ (= Heilblatt) zeugt von seinem hohen Ansehen. Damals war sein Einsatzgebiet sicher vielfältiger als heute: Geschwülste, Fieber, Brandwunden, Hundebisse, Insektenstiche, Würmer und Augenentzündungen sind nur einige seiner Einsatzgebiete.

Im 2. Weltkrieg dienten Tinkturen aus Spitzwegerich als Ersatz für Antibiotika, Keuchhusten wurde mit Spitzwegerichtee behandelt.  Spitzwegerich wird auch heute noch gerne zur Stärkung der Haut und der Schleimhäute eingesetzt, vor allem bei Atemwegserkrankungen ist er ein sehr gutes Mittel, wenn die Atemwege stark verschleimt sind, aber auch bei chronischer Bronchitis, Keuchhusten, Bronchialasthma und sogar bei Lungentuberkulose.  Erfolge soll die Behandlung mit Spitzwegerich auch bei Blasenleiden, Bettnässen, Blasenentzündung und vielen anderen Blasenerkrankungen bringen.  Man sagt dem Spitzwegerich auch gute Wirkung bei Raucherbeschwerden (Husten) und auch bei der Raucherentwöhnung nach.

Verwendungsform: 

Spitzwegerich wird zur Blütezeit geerntet und getrocknet. Man sammelt Blätter, Stängel und Blütenstände. Wird der Spitzwegerich nicht gut durchgetrocknet, so verfärben sich die Materialien. Diese Verfärbung entsteht durch eine Umwandlung des Aucubin in ein Polymerisat. Spitzwegerichtee wird in der Regel unter der Bezeichnung Plantaginis herba vertrieben.

Press-Saft und Fluidextrakt haben lt. Madaus[1] eine gute antibakterielle Wirksamkeit. Ein wässriger Auszug hat angeblich keine Wirkung. Man erklärt das so, dass die antibakterielle Wirkung des Spitzwegerichs durch das in ihm enthaltene Aglykon Aucubigenin entsteht. Dieses Aglykon wird im Fluidextrakt und im Press-Saft freigesetzt.

Durch das Kochen wird das Enzym, dass das Aglykon freisetzen kann, allerdings zerstört. So wirkt der Auszug nicht bakterienhemmend.  Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, Spitzwegerich-Sirup herzustellen (siehe Rezeptteil).

Es gibt einige Einsatzgebiete für den Spitzwegerich, die wissenschaftlich belegt sind:

1.) Innerlich:

  • Atemwegskatarrhe
  • Entzündliche Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut

2.) Äußerlich:

Entzündliche Veränderungen der Haut

Zu den inneren Anwendungen:

Diese Anwendungen sind deshalb erfolgreich, weil die Pflanzeninhaltsstoffe des Spitzwegerichs reizmildernd, adstringierend und antibakteriell wirksam sind. Bei Husten wird der Hustenreiz gemildert und durch die Schleimstoffe des Spitzwegerichs gelindert.

Das funktioniert so, dass die großen Moleküle der Schleime die Schleimhaut nicht passieren können. Auf diese Weise bilden sie auf den Schleimhäuten eine Schutzschicht. Diese Schicht hält Reize ab und hemmt so den Husten. Spitzwegerich hemmt aber nicht das Hustenzentrum im Gehirn, das mit dem Auslösen des Hustenreflexes Fremdstoffe und/oder Schleim aus den Lungen herausbefördert. Reizhusten wird meist durch Rauch, Infektionen, kalte Luft u.a. ausgelöst. Zusätzlich kommen noch Entzündungsprozesse zum Tragen. Die Anwendung von Spitzwegerich bei Reizhusten hilft, weil

  • Der Reiz gedämpft wird,
  • das Abhusten des Schleims gefördert wird,
  • Entzündungen gehemmt werden,
  • Bakterienwachstum gehemmt wird,
  • Bronchialkrämpfe gelöst werden.

Es gibt keine Nebenwirkungen und/oder Wechselwirkungen bei der Anwendung von Spitzwegerich. Er ist auch für Kinder gut geeignet.

Zu den äußerlichen Anwendungen:

Spitzwegerich als erste Hilfe gegen Insektenstiche: ein frisches Spitzwegerichblatt wird zerquetscht und auf den Stich aufgetragen. Entzündungen der Haut bzw. der Mund- und Rachenschleimhaut: Waschungen und Spülungen mit Tee. Spitzwegerichtinktur kann man übrigens auch zur Haarpflege einsetzen: in einem Haarwasser pflegt sie vor allem die Kopfhaut und hilft gegen Schuppen.

Plantago major L. – Breitwegerich (Großer Wegerich, auch Broatwegerl, Sauohr, Lämmerzunga, Aderkrut, Wegbriädenblader)

Der Breitwegerich formt relativ breite, ovale, stängellose Blätter aus. Sein Blütenstand steht auf einem kürzeren Stängel als der vom Spitzwegerich.

Die großen Blätter des Breitwegerichs unterdrücken in der Wiese die benachbarten Pflanzen (er wird auch verdämmendes Unkraut genannt). Der Breitwegerich hat einen langfasrigen Wurzelstock. Seine Blätter (5 bis 9nervig, 1 ½ mal so lang wie breit) bilden ebenfalls eine grundständige Blattrosette. Die Früchte sind eiförmige Kapseln mit jeweils sechs bis zwölf lichtbraunen Samen. Die Samenaußenschicht quillt bei nassem Wetter zu einer klebrigen, gallertartigen Masse auf. Die Samen selbst sind ein beliebtes Vogelfutter („Vogelwürstel“). Breitwegerich wächst gerne auf verdichteten Böden mit hohem Lehmanteil. Und ganz besonders gerne auf vielbenutzten Wegen – er ist trittbeständig.

Nach Madaus[1] sind Breitwegerich, Spitzwegerich und auch der mittlere Wegerich in ihrer Wirkung und Anwendung übereinstimmend. Es kann daher zu keinen Problemen bedingt durch eine Verwechslung kommen.

Die Hauptindikationen für den Breitwegerich sind vor allem Zahnschmerzen (auch in Folge von Karies!), neuralgische Ohrenschmerzen, sowie Störungen im Verdauungsbereich.Ebenso wie der Spitzwegerich kann der Breitwegerich bei allen Arten von Blasenleiden eingesetzt werden.

Auch der Breitwegerich wird in der Volksheilkunde auf Wunden aufgelegt. Vor allem aber hilft der Breitwegerich gegen Blasen. Schon in einem Kräuterbuch des 12./13. Jahrhunderts steht folgendes Rezept: „Swaz siechtuomes du an den füezen hast, so nimm wegerich und mule den mit einem chleinen salze und lege den daruber, so wirt dir baz.“ 

Die Wurzel des Breitwegerichs gab man früher Wöchnerinnen bei Blutungen (Lepechin, 1768). Bei Harnverhalten bei Kindern gab man eine Abkochung der reifen Samen.

Die Blätter des Breitwegerichs enthalten vor allem Kaliumsalze, Zitronensäure, Aucubin, die Enzyme Invertin und Emulsin.  In der Homöopathie wird der Breitwegerich bevorzugt und vor allem bei Wundschmerzen, Mittelohrproblemen und Bettnässen eingesetzt.

Breitwegerichöl wird gerne bei Hauterkrankungen gegen Jucken und Brennen eingesetzt.

Breitwegerich schmeckt herb-frisch, zusammenziehend, eventuell auch ein wenig bitter, wenn die Blätter bereits älter sind. Man kann ihn – wie auch die anderen Wegeriche – für Salate und Wildkräutermischungen verwenden, allerdings muss er zuvor sehr gut zerkleinert werden.

Plantago media L. – Mittlerer Wegerich, Weidewegerich (engl. Hoary plantain, franz. Plantain moyen, ital. Piantaggine pelosa)

Der mittlere Wegerich nimmt, wie schon sein Name sagt, eine Stellung zwischen dem Spitzwegerich und dem Breitwegerich ein.

Auch beim mittleren Wegerich finden wir die typische Blattrosette, die Blätter sind elliptisch geformt, leicht behaart und ungestielt bzw. nur ganz kurz gestielt. Die Ähren sind walzenförmig und stehen an einem langen Stängel. Die Staubfäden sind hell-lila. Am Stängel finden sich keine Blätter.

Plantago coronopus – Krähenfuss-Wegerich, Hirschhorn-Wegerich (engl. Buck’s-horn plantain, franz. Corne de cerf, ital. Piantaggine barbarella, Rappenfüßlein, Sternkraut, Schlitzwegerich, Mönchsbart, Kapuzinerbart, Ziegenbart)

Wächst bis zu einer Seehöhe von ca. 800 m, am liebsten auf salzreichen, etwas feuchteren Böden. Heute wird er oft auch als Gemüse- oder Salatpflanze kultiviert.  Der Krähenfuß-Wegerich ist eine Rosettenpflanze, ca. 5 bis 25 cm groß, mit einem blätterlosen, langen, blütentragenden Stängel. Die Blüten sind weißlich und stehen in einer länglichen Ähre. Aus den Blüten bildet sich eine ein- bis fünfsamige Kapselfrucht aus.

Die Blattrosette besteht aus ziemlich schmalen, ca. 8 cm langen Laubblättern, grundständig. Im Gegensatz zu den anderen Wegerichgewächsen hat der Krähenfuß-Wegerich gezähnte Blätter mit kurzen, zottigen Haaren. Die Wurzel bildet sich als Pfahlwurzel heraus, so kann die Pflanze den Winter gut überstehen. Dieser Wegerich mag gerne salzhaltige Böden, er findet sich gerne auf Weideland an der Küste.

Der Krähenfuß-Wegerich (oder Hirschhornwegerich) wurde bereits im 16. Jahrhundert als Salatpflanze oder Gemüse verspeist. In der Toskana und der Schweiz (Tessin) sind auch heute noch besonders die jungen Blätter begehrt, auch die Blütenknospen werden gegessen (barba die frati – „Mönchsbart“).

Ältere Blätter schmecken bitter. Sie haben einen nussigen Geschmack und können sehr gut verkocht werden.Der Hirschhornwegerich ist schon im Mittelalter durch Hieronymus Bock (Mediziner und Botaniker) beschrieben worden: „Das zehe Rappenfüßlein mit seiner Wurtzel ist derhalben teuglich in der speisen / denen so stäte Bauchflüß haben. Das Kräutlein würd sonst allein zum Salat erwöhlet. Bekompt denjenigen wol / so mit dem Stein behafftet. Dann es sterckt und kühlet die Nieren: und ist gut für das blut harnen.“

Flohsamen (Psyllii semen)

Flohsamen stammen von verschiedenen Pflanzen der Familie der Wegerichgewächse. Vor allem der Sandwegerich und der Strauchwegerich sind die „Spender“ ihrer Samen.

Man verwendet Flohsamen als mildes Abführmittel – sie quellen im Wasser auf das 15fache ihres ursprünglichen Volumens auf. Der hohe Schleimgehalt verleiht ihnen ihre Bedeutung in der Heilkunde. Dieser Schleimgehalt beträgt ca. 10 bis 12 % und befindet sich vor allem in der Samenschale. Schleime sind chemisch gesehen Polysaccharide, die in Wasser gut quellen können.

Flohsamen werden ganz oder in Pulverform als mildes Abführmittel eingesetzt. Die aufgequollene, gelartige Masse macht den Darminhalt geschmeidiger und voluminöser. Durch die Dehnung der Darmwand wird die Peristaltik angeregt. Man setzt Flohsamen aber auch ein, wenn die Darmentleerung erleichtert werden soll, wie z.B. bei Hämorrhoiden.

Die Polysaccharide des Schleims können im Dickdarm teilweise abgebaut werden, dadurch entsteht u.a. auch Buttersäure. Diese Säure fördert die Darmbewegung und die abführende Wirkung noch zusätzlich. Beim Abbau der Polysaccharide entstehen aber auch Gase wie Wasserstoff und Methan, was natürlich bei der Einnahme von Flohsamen auch zu Blähungen führen kann.

Nimmt man übrigens langfristig täglich 10g Flohsamen ein, so reduziert sich der Cholesterinspiegel nachweislich. Man vermutet, dass das Gel der Samen Gallensäuren bindet, die mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Die Leber muss also aus Cholesterin neue Gallensäuren bilden.

Flohsamen helfen übrigens auch beim Abnehmen: nimmt man sie vor der Mahlzeit ein, so quellen sie im Magen auf und verringern das Hungergefühl.

Nach diesem Exkurs in die Pflanzenwelt noch ein kleiner Hinweis: man kann die Wegeriche auch destillieren und erhält dabei ein interessantes Hydrolat, das sehr „grün“ duftet und gut als Gesichtswasser oder für Mundspülungen eingesetzt werden kann. (Siehe auch mein Buch „Hydrolate“, das im Mai 2012 im Freya-Verlag erscheint.)


[1] Madaus, Jahrbuch 1933


[1] Madaus, Jahrbuch 1933