Erzähl mir keinen Lavendel…

Mein Duft des Sommers: Lavendel

Ja, ich weiß, über den Lavendel wurde und wird immer wieder geschrieben. Dennoch: man kann nicht genug davon kriegen, wenn man sich einmal in ihn verliebt hat… Darum möchte ich Ihnen heute ein wenig Lavendel erzählen…

Begonnen hat alles vermutlich mit dem Alt-Wiener Lavendellied, das mir meine Großmutter immer vorsingen mußte, wenn sie ihre Lavendelsackerln für den Wäschekasten füllte:

An Lavendel, an Lavendel, an Lavendel hamma da.
50 Groschen kost des Büscherl,
an Lavendel kauft’s ma o.
An Lavendel hamma da!
Wer kauft ma an o?

Der Lavendelduft bedeutete schon damals – wie auch heute noch – für mich Sommer. Sommer und Sommerferien… Im Garten der Großtante an der Alten Donau (in Wien) blühte ein mächtiger Lavendelstock. Er lockte eine Unzahl von Bienen, Hummeln und Schmetterlingen an und … mich!
Lavendel „berauschte“ mich und machte mich glücklich. Das hat sich bis heute nicht geändert. Sobald ich ein eigenes Stückchen Grün besaß, wurde Lavendel gepflanzt. Welch ein Unglück, wenn er den Winter nicht überlebte!

Kennen Sie die „Alt-Wiener Lavendelsteckerln„? Nein? Geht ganz einfach:
Sie brauchen eine ungerade Anzahl von Lavendelblüten, möglichst mit langen, noch weichen Stängeln und ein hübsches Geschenkband (ca. 1/2 cm breit und ca. 1 m lang).
Zuerst binden Sie ein Sträußerl: gleich unter den Blütenköpfchen mit dem Geschenkband zusammenfassen, und zwar an einem Ende des Bandes. Den langen Rest benötigen Sie zum Flechten. Dazu klappt man nun die Stängel zurück über die Köpfchen und beginnt zu flechten, so als würden Sie ein Körbchen rund um die Blütenköpfchen erzeugen wollen.
Sind Sie unter den Blüten angelangt, wird mit dem Band eine „Abschlußrunde“ gewickelt und mit einem Knoten oder einer Masche alles fixiert. Fertig! Diese „Lavendelsteckerln“ kann man zwischen die Wäsche legen oder auch als kleines Anhängsel an einem Geschenk anbringen…

Lavendel botanisch

Lavendel ist wohl einer der bekanntesten Lippenblütler (Lamiaceae) und große Felder finden sich vor allem in Frankreich (Provence), aber auch in Kroatien (Insel Hvar), Bulgarien, Spanien, Italien (Piemont), England, ja sogar in China wird heute Lavendel angebaut.
Zur Verarbeitung in einer Destille – also für die Herstellung des ätherischen Öls – wird der Lavendel zumeist leicht angetrocknet, bevor er destilliert wird. Das werden die ätherischen Öle, wie wir sie in der Aromatherapie/Aromapflege benutzen.
Für die Parfumindustrie wird er allerdings gleich frisch destilliert. In diesem Fall finden wir auf der Flasche die Bezeichnung „Ensilée“ (= Silage, siliert).

Ätherische Öle

Lavendel kann aber noch viel mehr, als in ein Duftsäckchen zu wandern, wie alle wissen, die sich mit ätherischen Ölen beschäftigen. Sieht man sich die Inhaltsstoffe der verschiedenen Lavendelöle an, so wird man rasch feststellen, das es da sehr große Unterschiede gibt: Lavendel ist nicht gleich Lavendel! Hier nachstehend eine kleine Übersicht:

Lavendel fein (Lavandula angustifolia)
je nach Sorte enthält er
7 – 13 % Monoterpene
25 – 40 % Monoterpenole (vor allem Linalool)
25 – 55 % Ester (Linalylacetat, Lavandulylacetat)
bis zu ca. 5% Sesquiterpene (v.a. β-Caryophyllen)
bis zu ca. 1% Monoterpenketone
bis zu ca. 1% Oxide (v.a. 1,8-Cineol)
Lavendel fein ist wohl eines der ätherischen Öle mit der größten Bandbreite an Anwendungsmöglichkeiten überhaupt! Er weist eine ausgesprochen geringe Toxizität auf.

Lavendel extra (Lavandula angustifolia ssp. angustifolia)
Der wilde Berglavendel wächst in natürlichem Vorkommen im alpinen und sub-alpinen Gelände (in Höhen von ca. 900 – 1500 m) und kann dort nur von Hand geerntet werden.
Seine Inhaltsstoffe unterscheiden sich ein wenig vom „normalen“ Lavendel: bedingt durch die Lage, in der er wächst, besitzt er mehr Ester-Anteile, ist daher duftintensiver.

Werfen wir noch einen Blick auf den Speiklavendel (Lavandula latifolia oder auch Lavandula spica)
Der Speiklavendel besitzt breite Blätter (daher „latifolia„) und wird oft auch als „Großer Speik“, „Spanischer Lavendel“ oder „Gewürz-Lavendel“ bezeichnet. Seine Blätter sind – im Gegensatz zum Lavandula angustifolia – weißfilzig und länglich. Er bevorzugt besonders trockene Lagen, kalkhaltigen Boden und wird ziemlich langstielig. Am liebsten ist ihm eine Seehöhe von ca. 600 – 800 m und ein warmes Klima, da er sehr frostempfindlich reagiert. In unseren Breiten sollte man ihn im Haus überwintern…
Seine Inhaltsstoffe:
Beim französischen Speiklavendel finden wir
ca. 40% Monoterpenole (v.a. Linalool)
ca. 35% Oxide (v.a. 1,8-Cineol) – deutlich mehr als im Lavandula angustifolia!
ca. 15% Monoterpenketone (ebenfalls mehr als bei Lavandula angustifolia)
ca. 10% Monoterpene
ca. 2% Ester
ca. 2% Sesquiterpene
Beim spanischen bzw. portugiesischen Speiklavendel finden wir einen noch höheren Kampferanteil.
Beim Speiklavendel muss man also darauf achten, für wen und wogegen er eingesetzt wird: in zu hoher Dosierung kann der Einsatz für viele Menschen kritisch werden, für kleine Kinder und Schwangere ist er gar nicht geeignet.
Andererseits ist er besonders hilfreich beteiligt an der Bildung der weißen Blutkörperchen und damit auf unser Immunsystem. Außerdem wirkt er auf die Acetylcholin-Produktion unseres Gehirns ein, was das logische Denken unterstützt, und ebenso auf die Dopamin-Produktion…

 

Das ätherische Öl vom Schopflavendel (Lavandula stoechas) ist nicht so wirklich „berühmt“: aber schön ist die Pflanze schon! Ich versuche jedes Jahr mein Glück mit ihm, aber er will und will nicht so recht gedeihen. Dieses Pflänzchen blüht als Scheinähre mit dicken, schmetterlingsflügelartigen Hochblüten über den eigentlichen Blüten. Es handelt sich um einen kleinen Halbstrauch, der in allen Schattierungen zwischen weiß und dunkelviolett erhältlich ist. Er gedeiht in mäßiger Seehöhe und braucht Silikatgestein und sandige Böden. Und: er bevorzugt die Nähe des Meeres und die Seeluft. Und die haben wir hier in Österreich halt leider so gar nicht…

Seine Inhaltsstoffe:
75 – 85% Ketone
ca. 10% Monoterpene
ca. 5% Oxide
ca. 3% Ester

Sie sehen daraus schon, dass auch er nicht für kleine Kinder geeignet ist, nicht für Schwangere, nicht für insulinabhängige Diabetiker (bei ihnen kann es durch den hohen Anteil an Ketonen zu einer Hypoglykämie = Unterzucker kommen).
Wofür wird das ätherische Öl dann überhaupt verwendet? In Kombination mit Lavendel fein kann es sehr gut bei Asthma, Bronchitis und Erkältungskrankheiten eingesetzt werden. Es ist ausgesprochen stark keimtötend, auch für die Raumdesinfektion geeignet. Wenn es  richtig dosiert ist, wirkt es klärend und belebend und regt den Gehirnstoffwechsel positiv an.

Als letzte Lavendel-Pflanze möchte ich noch das Lavandin oder Putzlavendel (Lavandula hybrida, Lavandula intermedia) nennen. Lavandin ist eine „künstliche“ Pflanze: es ist eine Kreuzung zwischen Lavendel fein und Speiklavendel, eine Hybride. Sie enthält die Eigenschaften beider Elternteile in einer genialen Kombination: dort, wo der Lavendel sedierend (also beruhigend) wirkt, regt Lavandin an. Und dort, wo der Speiklavendel zu stark wäre, bietet sich Lavandin als perfekter Ersatz dafür an. Lavandin vermehrt man durch Stecklinge. Es ist eine hochwachsende Pflanze, mit langen Blütenrispen.
Interessant ist, das viele von uns Lavendel kaufen und der sich dann als Lavandin entpuppt… mir ist das immer wieder auch so passiert.

 

Die Inhaltsstoffe:
ca. 5 – 10% Monoterpene
ca. 22 – 40% Monoterpenole (davon ca. 3% Borneol)
ca. 20 – 40% Ester
ca. 6 – 11% Oxide
ca. 6 – 18% Kampfer (= Monoterpenketon)
bis zu 2% Sesquiterpene
Lavandin wirkt wegen seines Kampferanteils belebend und aktivierend. Das ätherische Öl hilft bei Erkältungen und erleichtert das Abhusten. Es wirkt aber auch desinfizierend und ist gegen diverses Ungeziefer einsetzbar.

Hydrolat

Natürlich gibt es auch ein Lavendel-Hydrolat, eines vom Speiklavendel und vom Schopflavendel ebenso, wie eins vom Lavandin. Allesamt duften sie frisch und angenehm und sind für verschiedene Zwecke einsetzbar:

  • ein Schuß ins Bügelwasser und die Wäsche duftet zart,
  • als „Wasserphase“ in einer Creme unterstützt den hautpflegenden Effekt,
  • ein paar Tropfen als Aromatisierung von Desserts schenkt summer-feeling…
  • man kann – wenn man selbst destilliert vor allem und genügend Hydrolat besitzt – auch zwei Stamperln voll in den letzten Spülgang bei der Waschmaschine geben: ersetzt den grauslichen Weichspüler…

Aus den Blüten lässt sich auch ein köstlicher Lavendel-Sirup herstellen – ich hab im vergangenen Jahr einen bei Andrea Huber in Irschen verkostet… (vielleicht gibt sie ja ihr Rezept auch weiter?).

Seife

Lavendel-Seife ist ja sowieso ein Klassiker. Hier mein altes Rezept:
100 g Rapsöl
100 g Olivenöl
200 g Sonnenblumenöl
200 g Kokosöl
50 g Sheabutter
50 g Kakaobutter
235 ml Wasser
99 g NaOH (Natronlauge)
Seifenfarbstoff: Der Saft der Holunderbeeren gibt ein schönes Violett, man kann aber auch fertige Farbstoffe nehmen…
Lavendelblüten, leicht angemörsert
Ätherische Öle: ca. 50 – 60 Tropfen Lavendelöl und ca. 20 Tropfen Palmarosa-Öl
Anleitungen zum Seifenkochen findet man viele im Internet. Bitte immer mit Schutzkleidung arbeiten!

Ölmazerat

Lavendel-Ölauszug
Jedes Jahr brauche ich Unmengen davon für meine große Familie: der Ölauszug ist leicht selbst herzustellen und leistet wirklich gute Dienste:

  • als Fußmassageöl für die Kleinsten,
  • als Massageölbasis für die Großen,
  • als „Erste-Hilfe-Öl“ für alle.

Dazu wird der abgerebelte Lavendel (also nur die Blüten – wer’s schneller mag, verwendet die ganzen Blütenrispen) in ein Schraubverschluß- oder Apotheker-Glas gefüllt, etwa 2/3 des Glases fülle ich damit an. Dann kommt Mandelöl drauf – es soll alles gut bedeckt sein – und ich stelle es warm, aber nicht in die pralle Sonne (bei uns stehen die Ansätze alle an einem Ostfenster mit schöner Morgensonne). Nach etwa 3 – 4 Wochen wird abfiltriert und in dunkle Flaschen abgezogen, ich geb dann noch einen guten Schuß Jojobaöl dazu, um die Haltbarkeit etwas zu erhöhen. Beschriften und ab in den Schrank – es sollte sich ein gutes Jahr halten (wenn’s nicht vorher schon aufgebraucht wurde…).

Tinktur

Lavendel-Tinktur
Auch für die gibt es in unserer Familie immer Abnehmer: sie hilft beim Einschlafen (bitte nur für Erwachsene) und bei nervösem Reizmagen beruhigt sie – auch die Nerven werden ruhiger…
Wie wird sie hergestellt?
Die Lavendelblüten geben wir in ein Glas mit Deckel, darauf kommt Wodka oder Korn, dass alle Blüten bedeckt sind.
An einem warmen Ort für ca. 3 – 4 Wochen stehen lassen und dann abfiltrieren und in dunklen Flaschen aufbewahren.
Bei Bedarf nimmt man einige Tropfen.

Das ist also mein Lavendel-Sommer… in meinem Garten duftet er gerade herrlich und will geschnitten werden. Wenn man ihn übrigens rechtzeitig und richtig schneidet, dann treibt er nochmals durch – oftmals sogar noch ein zweites Mal.

Und was ist für Sie der Duft des Sommers? Ich würde mich freuen, wenn Sie auf Ihrer Blog-Seite darüber schreiben wollten und mir den entsprechenden Link schicken, ich verlinke dann Ihre Seite gerne hier mit der meinen…

Fangen wir gemeinsam die Düfte des Sommers 2013 ein! Diese Einladung zum gemeinsamen Blog-Erlebnis gilt von heute an bis zum 15. August 2013!