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Die Fichte – eine lange Erfolgsgeschichte

Wer kennt sie nicht, die Fichte? Sie ist einer der wichtigsten Bäume unserer Wälder und macht nicht nur zur Weihnachtszeit als Christbaum Furore.
In wenigen Tagen ist es wieder so weit, da wandern wir hinaus und sammeln einige junge Triebe für unser neues Hydrolat. Wenig später, im Mai, sind dann die Wipferln für den Sirup an der Reihe. Aber es ist jetzt bald auch eine gute Zeit dafür, das Harz der Fichten zu sammeln. Wozu man das verwenden kann? Für den Fichtenharzbalsam, der z.B. bei rheumatischen Beschwerden gute Hilfe geben kann.

Die Fichte (Picea abies oder auch Abies sibirica) gehört zu unseren heimischen Nadelbäumen, zur Gruppe der Kieferngewächse (Pinaceae). Erkennbar ist sie vor allem an ihren Blättern (= Nadeln), die extrem steif und stichig und zumeist wirtelig (rund um das Zweiglein) angeordnet sind. Sie sitzen an kleinen Stielen. Die Zweige fühlen sich bei der Fichte sehr rauh an. Fichten werden bis zu 50 m hoch und gehören zu unseren höchsten einheimischen Bäumen. Die Zapfen der Fichten sind lang, schmal und hängend.

Das ätherische Fichtennadelöl wirkt besonders gut auf die Atemwege ein, man kann es auch in Rheuma- und Erkältungsbädern verwenden. Gerade in Räumen, wo sich viele Menschen aufhalten, reinigt und erfrischt der Fichtennadelduft die Atemluft. Ebenso schenkt er Ruhe und Erholung bei Unruhe und Streß, er ist aber auch bei psychisch bedingtem Asthma und bei Depressionen gut wirksam.

Inhaltsstoffe des ätherischen Öls der Fichte:

  • Monoterpene (zwischen 45 – 60 %, je nach Herkunft): vor allem finden wir hier Camphen und alpha-Pinen
  • Ester (zwischen ca. 30 – 45 %): in erster Linie Bornylacetat
  • Monoterpenole
  • Sesquiterpenole
  • Diterpenole

Das ätherische Öl wirkt besonders gut bei Bronchitis. Sie sollten es dennoch mit Vorsicht einsetzen: im warmen Badewasser kann es zu Hautreizungen kommen, wenn Sie zu viel davon verwenden! Außerdem sollten Sie darauf achten, dass das ätherische Öl nicht zu alt ist: sicherheitshalber verwende ich meine Nadelholzöle – genauso wie die Zitrusöle – nach etwa 1 1/2 Jahren nicht mehr in Mischungen, die auf die Haut aufgetragen werden…
Man muss diese Öle nicht unbedingt sofort wegwerfen. Eine Verwendungsmöglichkeit wäre z.B., sie für einen „Pflegebalsam“ für Naturholzmöbel einzusetzen.
So ein „Holzpflege-Balsam“ ist eine hervorragende Möglichkeit, auch fette Pflanzenöle, bei denen man sich nicht mehr ganz sicher ist, ob sie noch in Ordnung sind, zu verarbeiten.

Im Herbst vor zwei Jahren wollten meine Aromatologie-Kursteilnehmerinnen wissen, wie Fichtennadeln am besten zu destillieren sind, also pilgerten wir in das nahe Wäldchen und sammelten unser Material zum Verarbeiten in einem Holzschlag. Wie bei allen Nadelgehölzen ist es auch bei der Fichte besser, wenn die Zweiglein oder die Nadeln nicht ganz frisch vom Baum genommen werden, sondern wenn der Baum (oder der Zweig) schon ein paar Tage zuvor geschnitten wurde. Am besten ist die Ausbeute allerdings, wenn gegen das Frühjahr hin bereits wieder Saft in den Bäumen steigt und die ersten zaghaften hellgrünen neuen Nadeln aus den Zweigspitzen zu lugen beginnen.

Man schneidet vor dem Destillieren die Nadeln durch oder mörsert sie, Fichtennadeln sind ja ziemlich steif und mit einer Art Wachsschichte überzogen. Dadurch kann das ätherische Öl nicht so leicht entweichen und bei der Wasserdampfdestillation kommt letztlich nicht viel heraus.

Meine Kursteilnehmerinnen sammelten also fleißig und beschäftigten sich dann ein Weilchen mit dem Zerschnippeln der Fichtennadeln. Bald schon durchzog den Seminarraum der schönste Waldesduft, als die ersten Tropfen des Hydrolats, gemischt mit ätherischem Öl, das Kühlrohr der Destille verließen. Unsere Ausbeute beschränkte sich auf ganz wenige Öltropfen und viel Hydrolat.  Dieses Hydrolat wurde dann im Kurs zur Herstellung eines Bade- und Duschgels verwendet.

Was macht man mit dem Fichtenharz? Hier die Rezeptur für einen Fichtenharzbalsam, der nicht nur bei rheumatischen Beschwerden oder Gliederschmerzen eingesetzt werden kann, sondern auch bei kleinen Wunden (z.B. bei einem aufgeschürften Knie) helfen kann:

Ca. 10 – 20 g Fichtenharz werden in ca. 100 ml Olivenöl oder Sonnenblumenöl sanft erwärmt, bis es geschmolzen ist. Danach siebe ich es durch ein Mulltuch (gut eignet sich dafür ein Teefilter aus Stoff). 5 g Bienenwachs werden im Wasserbad aufgeschmolzen und mit dem harzigen Öl bei ca. 60° C vermischt, gut durchrühren. Je nach Einsatzbereich können Sie nun noch z.B.
6 Tropfen Thymian linalool und 5 Tropfen Grapefruit
hineinmischen. Der Balsam wirkt durchblutungsfördernd und entzündungshemmend, duftet wunderbar nach Wald und hält sich außerdem mindestens 1/2 Jahr.

 

Fichten können also viel: sie schenken uns freies Atmen, können mit ihrem Hydrolat zur Körperpflege beitragen und mit ihrem Harz schenken sie uns Heilkraft (und zum Drüberstreuen schmücken sie mit ihrem Grün unser Heim…) – und das schon seit urdenklichen Zeiten.

Die Fichte ist bei uns bereits sehr lange heimisch, vor allem in höheren Lagen (sie wächst oftmals noch auf über 2000 m, ebenso wie die Zirbelkiefer). Sie ist ein einhäusiger immergrüner Baum. Der Stammdurchmesser kann bis zu zwei Metern betragen, hat die Fichte gute Wachstumsbedingungen, wird sie gut 60-70 m hoch! Obwohl sie Wind und Wetter trotzen muss, gehört sie dennoch zu den Flachwurzlern. Fichten haben sehr spitzige Nadeln. Interessant ist, dass diese Nadeln oft bis zu 5 oder 6 Jahren alt werden, bevor sie abfallen.
Fichtenzapfen stehen in ihrer Jugend aufrecht, wenn sie reif sind, hängen sie herab. Die Reifung erfolgt innerhalb von einem Jahr. Die Zapfen werden bis zu 15 cm lang.
Die Inhaltsstoffe des Holzes sind vor allem Terpentin (Harz), Gerbstoffe, ätherische Öle, Ameisensäure und Zucker.

Paracelsus erwähnt bereits die koagulierende Wirkung (= blutgerinnende Wirkung) des Fichtenharzes. Bei Matthiolus (im „Kreuterbuch“ aus dem Jahr 1563) wird eine Abkochung der Fichtenzapfen als Warzenmittel empfohlen. Hieronymus Bock schreibt in seinem „Kreutterbuch“ (1565 erschienen), dass das Terpentin gegen Schwindsucht eingesetzt werden könne. Nur bei Leonhart Fuchs bin ich nicht fündig geworden…

In der heutigen Medizin wird eine Abkochung der jungen Fichtenwipfel als Blutreinigungsmittel angesehen, ebenso wie als Hilfe bei Husten, Katarrhen und Lungenproblemen, aber auch bei Rheumatismus und Hautleiden.
Fichtennadelbäder werden gerne bei Erkältungen empfohlen und zur besseren Durchblutung der Haut eingesetzt. (Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, Dr. Gerhard Madaus)

Fichten finden sich auch immer wieder in Sagen, Geschichten und im Volksglauben wieder:
Angeblich kann man Gicht auf eine Fichte übertragen.
Fichtenzweige und Zapfen sollen auch unverwundbar machen.
Ein Fichtenholzbett oder zumindest ein Fichtenholzscheit im Bett dient zugleich für guten Schlaf wie auch als Blitzschutz.
Und gegen das Verhexen von Mensch und Vieh hilft ein aufgehängter Almbuschen, in dem vor allem auch Fichtenzweige eingearbeitet sein müssen.

Betrachten wir die Fichte nach der Signaturenlehre, so ist sie ein Lichtbaum, und wird der Sonne zugeordnet. Gleichermaßen aber, als Nadelbaum, gehört sie auch zum Saturn – dem „Alter“. Und wenn ich sie nach den Elementen einteilen möchte, so gehört sie für mich sowohl zum Feuer-Element (ihrer Form wegen) einerseits, aber auch zum Luft-Element andererseits: die Luft unterstützt das Feuer, denn ohne den Sauerstoff der Luft könnte es nicht brennen… Im chinesischen Elementekreis würde ich die Fichte einerseits dem Element Holz-Wind und andererseits dem Element Feuer zusprechen: sie ist eindeutig im Yang-Bereich angesiedelt.

Übrigens: Viele Informationen zur Verwendung von Fichtenwipferln finden Sie auch im Buch von Siegrid Hirsch und Felix Grünberger: „Die Kräuter in meinem Garten“, erschienen im Freya-Verlag.